Sonntag, 22. September 2013

Bulungula, Tag 2 - oder: Ich glaub, ich spinne!

Als ich an unserem zweiten Tag hier in Bulungula die Augen öffnete, erblickte ich erst einmal eine große schwarze Spinne mit richtig dicken, haarigen Beinen. Das störte mich in diesen Moment allerdings nicht besonders, denn sie befand sich außerhalb des Innenzelts und stellte somit erst einmal kein größeres Ärgernis dar :-)

Bald hatte ich sie auch schon wieder vergessen, denn als wir unser Zelt öffneten, schwammen draußen gerade ein paar Delfine vorbei! Wir tranken also in aller Ruhe unseren Kaffee in der Morgensonne und beobachten, wie sie im Wasser ihre Bahnen zogen. Ohnehin ging es an diesem Morgen ganz geruhsam zu, denn unsere Tour sollte erst um zehn Uhr beginnen. Auf dem Programm stand ein Besuch beim "Traditional Herbalist", der sein "Büro" in einer Rundhütte ganz am anderen Ende des Dorfes hat. Da er lediglich Xhosa spricht, wurden wir von einer jungen Frau dorthin begleitet, die übersetzen sollte. Ich war sehr gespannt, was uns erwarten würde, schließlich begegnet man in Deutschland nicht gerade jeden Tag einem echten Kräutermann :-)

Um dorthin zu gelangen, wollte ich gerne meine Wanderschuhe anziehen, die über Nacht vor dem Zelt gestanden hatten. Zur Sicherheit schüttelte ich sie vorher aber gut aus, weil mir auf einmal die dicke Spinne wieder in den Sinn kam. Börni fand das zwar ein bisschen übertrieben, aber ich dachte mir: "Sicher ist sicher!" Sekunden später schlüpfte ich in meinen Schuh, aber irgendetwas störte mich, ungefähr auf Höhe des großen Zehs. Ich schlüpfte also wieder heraus, griff mit den Fingern hinein, und holte genau die Spinne aus meinem Schuh, die morgens über unser Zelt gekrabbelt war! Ich schätze, das Kreischen war noch im nächsten Dorf zu hören :-) Den zweiten Schuhe inspizierte ich dann lieber erst einmal mit der Taschenlampe, bevor ich ihn anzog und wir uns auf den Weg zum "Herbalist" machen konnten.

Der Herbalist selbst war ein zierlicher Mann mittleren Alters mit klugen Augen und einem freundlichen Lächeln. Seine Rundhütte erinnerte allerdings ein bisschen an ein Gruselkabinett: in einer Ecke standen zahllose Dosen und Gläser mit undefinierbaren Inhalten, unter der Decke hing ein halber getrockneter Hai und hinter uns an der Wand die Haut einer ziemlich großen Schlange, vom Herbalist selbst gefangen, wie er uns stolz erklärte. Geduldig beantwortete er alle unsere Fragen zu seinem Beruf. Im Prinzip stellt er aus pflanzlichen und tierischen Bestandteilen Heilmittel gegen alles Mögliche her: gegen Kopf- oder Bauchschmerzen ebenso wie gegen Epilepsie oder böse Geister. Während er mit uns sprach, bereitete er gerade ein Pulver zu, dass demjenigen, der dieses in ein Bad gibt und sich darin wäscht, Glück bringen soll. Als er uns anschließend erklärte, dass die Zauber aber natürlich nur dann wirken, wenn man ihn auch angemessen dafür bezahlt, musste ich aber schon ein bisschen schmunzeln :-) Dennoch war es ein spannender Einblick in die Gedankenwelt der Xhosa, den wir anderweitig wohl nie bekommen hätten!

Traditional Herbalist

Nach unserem Besuch beim Kräutermann kehrten wir für ein Mittagessen im einzigen Restaurant des Dorfes ein. Um ein Restaurant im westlichen Sinne handelte es sich dabei aber keineswegs, es war eine große, beinahe leere Rundhütte, in der wir auf einer kleinen Bank am Rande Platz nahmen. Es gab auch nur ein einziges Gericht, nämlich Pfannkuchen, aber zumindest wahlweise mit süßem oder herzhaften Belag. Auch die Herstellung entsprach nicht ganz unseren Standards: die Zubereitung erfolgte vor der Hütte auf einer Art Fass voll glühendem Holz, und der Teller mit den fertigen Pfannkuchen wurde einfach auf der angrenzenden Wiese abgestellt, direkt neben den dort zahlreich vorhandenen Hinterlassenschaften der Kühe! Nichtsdestotrotz waren die Pfannkuchen ganz lecker :-)

Das "Restaurant"

Ganz nebenbei haben wir bei unserem Ausflug auch noch eine ungefähre Vorstellung von der Lebensweise der Xhosa bekommen: so wissen wir jetzt, dass hier eine Familie mit nur vier Kindern als Kleinfamilie gilt, oder dass ein Großteil der männlichen Dorfbewohner im Gauteng in irgendwelchen Minen arbeitet und nur zweimal im Jahr nach Hause kommt.

Von unserem Einblick in diese Kultur, die sich so vollkommen von unserer Lebensweise unterscheidet, waren wir ziemlich geplättet, weshalb wir es uns im Hostel erst einmal mit einem selbstgemahlenen Kaffee gemütlich machten. Allzu viel Ruhe war uns allerdings nicht vergönnt: nachdem es schon den ganzen Tag sehr windig gewesen war, zog am Nachmittag ein richtiger Sturm herauf! Eine Weile betrachteten wir das Unwetter ganz interessiert vom Aufenthaltsraum aus, als dann aber die ersten größeren Gegenstände vorbeiflogen, machten wir uns doch ernsthafte Sorgen um unser Zelt. Keine Minute zu früh, denn unser Zelt bog sich bereits sehr bedenklich zur Seite, und wir mussten uns durch den Wind hindurch anbrüllen, um uns darauf zu verständigen, dass wir das Zelt an einen windgeschützen Platz bringen mussten! Dabei flogen uns schon kleinere Äste um die Ohren, so dass ich schon Angst hatte, gleich von einem großen Ast niedergeschlagen zu werden, so erbarmungslos wehte der Wind über uns hinweg. Mit vereinten Kräften schafften wir es jedoch, das Zelt hinter einen kleinen Hügel zu tragen, wo es vor dem Wind in Sicherheit war :-) Den Rest des Abends verbrachten wir lieber im Aufenthaltsraum, bis das Gewitter vorüber war.

1 Kommentar:

  1. Sooo tapfer. Spätestens bei der Spinne, hätte ich die Reise beendet. ;-)

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