Mittwoch, 30. April 2014
Ashram fuer Anfaenger
Dienstag, 29. April 2014
Agra - Stadt der Weltkulturerbestaetten
Samstag, 26. April 2014
Im Nachtzug nach Agra
Varanasi
Sonntag, 20. April 2014
Indien
Guten Morgen liebe Leser,
bitte verzeiht mir, dass ich so lange nichts habe von mir hören lassen. Doch Indien hat mir einfach die Sprache verschlagen! Seit bald einer Woche halten wir uns in diesem einzigartigen Land auf, doch mir fehlen einfach die Worte, meine Eindrücke treffend zu beschreiben. Trotzdem will ich es heute versuchen. :-)
Wir sind gerade in Varanasi, der heiligsten Stadt Indiens. Wer hier stirbt, so glauben die Hindus, wird vom ewigen Zyklus von Tod und Wiedergeburt erlöst. Ein ganz besonderer Ort also, selbst für indische Verhältnisse.
Unsere Ankunft hier erfolgte nach einer scheinbar endlosen Reise mit Bus, Jeep und Zug und einer schlaflosen Nacht in Gorakhpur, in einem Zimmer voller Kakerlaken. Umso schwerer viel es uns, die Eindrücke zu verarbeiten, die auf diesem Ort auf uns einprasselten. Die Altstadt von Varanasi ist ein Gewirr schmaler Gassen, durch die sich Pilger, Einheimische, Touristen und Tiere gleichermaßen drängen. Nicht nur die heiligen Kühe sind allgegenwärtig, auch Ziegen und Hunde bevölkern die Wege. Es gilt, Vorsicht walten zu lassen bei der Wahl der nächsten Schritte, die Hinterlassenschaften der tierischen Bewohner sind eine allgegenwärtige Gefahr für die Sauberkeit unserer Schuhe. Auch Mülleimer sucht man vergeblich, was man nicht mehr braucht, wirft man einfach auf den Boden. Die Fliegen freuen sich. Falls die Männer, die mit Schaufel und Karren nachts die Straßen säubern, jemals streiken sollten, versinkt diese Stadt binnen Tagen im Dreck!
Interessanter noch als der Anblick der Gassen ist jedoch die Geruchswelt, die uns unmittelbar nach unserer Ankunft umfängt. Noch nie habe ich so viele verschiedene Gerüche auf so engem Raum erlebt wie hier. Riecht es an einer Straßenecke noch so köstlich nach würzigem Masalatee, keine zehn Meter weiter wird dieser Duft vom strengen Geruch der Kuhfladen abgelöst. Hinter der nächsten Ecke duften die Blumen, die einen kleinen Tempel zieren. Nie weiß die Nase, worauf sie sich einstellen soll.
Und dieser Lärm! "Der Inder hat keine Ohren", hatte uns ein Bekannter in Nepal gewarnt. Muhende Kühe unterm Fenster, laute Bollywood-Musik um Mitternacht, dazu die unzähligen Schlepper, die uns zu Bootstouren, Hosenkäufen, Drogenexperimenten und was weiß ich noch allem überreden wollen.
Kurzum: Indien ist ein Land, dass uns vollkommen fordert, manchmal sogar überfordert. Doch wenn man sich erst einmal an den unglaublichen Trubel gewöhnt hat, beginnt man auch, die Schönheit dieses Landes zu sehen: die leuchtend bunten Saris und Punjabis der indischen Frauen, die fröhlich grüßenden Kinder, die Spiritualität, die hier im Alltag einen ganz anderen Stellenwert einnimmt als bei uns. Man sagt, Indien könne man nur lieben oder hassen. Ich glaube, ich bin verliebt.
Dienstag, 15. April 2014
Chitwan National Park - das andere Nepal
Hallo noch einmal,
Nach fünf Tagen in Kathmandu, die wir hauptsächlich damit verbracht haben, unsere nächsten Reiseabschnitte zu planen und es uns in den zahllosen Restaurants gutgehen zu lassen, sind wir am Samstag in das Terai gefahren, bekannt als "das andere Nepal". Statt karger Berge beherrscht hier tiefgrüner Dschungel die Landschaft. Es ist tropisch heiß und unfassbar feucht.
Wir buchten eine ganztägige Jeep Safari, die uns tief hinein in diesen nepalesischen Dschungel bringen sollte. Schon um Viertel nach sechs machten wir uns auf den Weg. Der Park ist durch einen Fluss von Sauraha getrennt, dem Dorf, in dem wir die Nacht verbracht hatten. Am Vorabend hatten wir hier schon die ersten Krokodile gesehen, so früh am Morgen ließ sich zum Glück noch keines blicken. Dennoch war es ein unheimliches Gefühl, in einem flachen Kanu zur anderen Seite überzusetzen.
Noch lag über dem Wald ein dichtes Nebelfeld, das dem Morgen eine surreale Note gab. Ein kühler Wind strich uns über die Haut, die Sonne stand als glutroter Ball knapp über dem Horizont. Das einzige Geräusch, das wir hörten, war das unablässige Knattern des Jeeps. Gespannt warteten wir darauf, die ersten Bewohner des Parks zu sehen. Doch bis auf ein paar Rehe, für den Europäer nicht gerade die außergewöhnlichsten Tiere, gab es nichts zu sehen. Erst als ein paar Herren kurz austreten waren, wie man so schön sagt, sah ich plötzlich zwei Nashörner auf uns zu kommen! Erstaunlich, wie schnell die Herren wieder zurück auf dem Jeep waren :-) Nach dieser ersten Begegnung sahen wir die imposanten Tiere immer wieder. Auch ein Bison konnten wir entdecken.
Die Sonne stieg höher und löste den Nebel auf, der uns so lange eingehüllt hatte. Es wurde drückend heiß. Der Fahrtwind kühlte zwar unsere Gesichter, doch die Nacken waren den Strahlen erbarmungslos ausgesetzt. Es wurde Zeit für eine Mittagspause. Unser Guide hatte dafür einen außergewöhnlichen Ort ausgesucht: die Tiger Temple Lodge muss einst ein imposantes Hotel gewesen sein, mitten in dieser undurchdringlichen Wildnis, doch seit vor sieben Jahren eine Gesetzesänderung alle Übernachtungen innerhalb des Parks unterband, ist sie dem Verfall ausgesetzt. Die Spuren der Zeit waren deutlich sichtbar: verfallene Dächer, tellergroße Löcher in den Fliegengittern, gebrochene Planken auf der Aussichtsplattform über dem Fluss. Doch zugleich wirkte es, als seien die Besitzer nur mal kurz weg: Teller und Tassen standen noch in ordentlichen Reihen im Regal, Vorhänge wehten an den Fenstern und die Toilette war in erstaunlich gutem Zustand. Ein seltsam faszinierender Ort mitten in der Wildnis.
Als die Hitze wieder nachließ, machten wir uns auf den Rückweg. Wieder sahen wir einige Nashörner, doch der große Star, der bengalische Tiger, ließ sich nicht blicken. Nur seine handgroßen Pfotenabdrücke entdeckten wir im Staub. Kurz bevor wir wieder an unserem Ausgangspunkt ankamen, entdeckten wir aber immerhin noch einen der seltensten Parkbewohner überhaupt: eine armdicke Königskobra wand sich hastig durch das Unterholz, als wir ihr mit dem Jeep zu Nahe kamen.
Erst als die Sonne schon tief am Himmel stand, erreichten wir wieder Sauraha. Dort liefen schon die Vorbereitungen für einen Feiertag, der uns auf dieser Reise immer wieder begegnet: Silvester! In Nepal beginnt das neue Jahr nämlich am 15. April, und es ist auch nicht das Jahr 2014, sondern das Jahr 2071, das nun an die Tür klopfte. Doch anders als der Rest der Welt begegnen die Nepalesen dem neuen Jahr mit geradezu buddhistischem Gleichmut: keine großen Feiern, kein Feuerwerk, nur ein Essen mit der Familie oder Freunden würdigt den Übergang von einem Jahr ins andere. Wir waren ohnehin müde von einem sehr sehr langen Tag, und so begegneten wir dem neuen Jahr auf die wohl gleichmütigste Art und Weise überhaupt: friedlich schlafend in unserem Bett! :-)
Pokhara - oder: warum man in Nepal nicht koreanisch essen gehen sollte
Guten Abend,
Als wir nach unserem Trek schließlich in Pokhara ankamen, waren wir ziemlich erledigt und sehnten uns nach einem gemütlichen, sauberen Zimmer und einer ordentlichen Mahlzeit.
Welch ein Glück, dass gleich das erste Guest House ein Volltreffer war! Das "Little Tibetan Guesthouse" liegt mitten in Lakeside, dem Touristenviertel von Pokhara, doch ein wunderschöner, duftender Garten trennt es vom hektischen Straßenlärm. Unser Zimmer war groß, hell und luftig und hatte sogar einen Balkon. Hier konnten wir Erholung von den Strapazen der letzten Tage finden.
Der nächste Tag war für uns ein besonderer: wir wollten feiern, dass wir nun schon neun Jahre gemeinsam durchs Leben gehen, und sind deswegen in ein koreanisches Restaurant gegangen, als Abwechslung von der leckeren, aber nicht sehr abwechslungsreichen Küche auf dem Annapurna Circuit. Lecker war das Essen hier durchaus ebenfalls, doch schon am Abend begann Börni sich unwohl zu fühlen. Vor allem beim Gedanken an Kimchi, das koreanische Sauerkraut, wurde ihm jedes Mal übel. Auch am nächsten Tag war keine Besserung in Sicht, den ganzen Tag blieb er im Bett. Als er sich am darauf folgenden Morgen immer noch vor Schmerzen krümmte, schlug ich vor, dass wir doch besser einen Arzt aufsuchen sollten.
Der Fahrer unseres Guesthouses erbot sich, uns für ein kleines Entgelt zu einem vernünftigen Krankenhaus zu bringen ("normale" Arztpraxen gibt es in Nepal wohl nicht). Das Krankenhaus war schon ganz schön in die Jahre gekommen und die Notaufnahme, ein Saal mit etwa zehn klapprigen Metallbetten, sah auch nicht sehr einladend aus. Doch der Fahrer lotste uns, nach einem kurzen Stopp an der Rezeption, in den ersten Stock, wo wir auf den Allgemeinmediziner warteten, dessen Sprechstunde in Kürze beginnen sollte. Die Schlange vor dem Sprechzimmer war nicht allzu lang, der Fahrer, der sich wirklich sehr fürsorglich um uns kümmerte, fand heraus, dass nur vier Patienten vor uns drankommen würden.
Für unser westliches Verständnis von Intimsphäre und Datenschutz ziemlich ungewöhnlich war, dass wir bereits ins Sprechzimmer geschickt wurden, als der vorherige Patient noch drinnen war. So konnten wir dem Arzt schon einmal ein wenig bei der Arbeit zusehen, bevor Börni selbst an die Reihe kam :-) Auch das Patientengespräch war amüsant - von der nüchtern-distanzierten Herangehensweise unserer europäischen Ärzte keine Spur. Stattdessen gab es viele Witzchen über ausländische Patienten und die aus nepalesischer Sicht erstaunliche Körpergröße europäischer Männer, die Börni in seinem Zustand aber nicht so richtig zu schätzen wusste. Schließlich stellte ihm der Arzt ein umfangreiches Rezept für allerlei Medikamente aus und schickte uns mit dem wohlmeinenden Rat nach Hause, doch bitte nur in guten Restaurants zu essen (als ob draußen angeschrieben stünde, wo man besser nicht einkehrt ;-) ).
Zum Glück taten die Medikamente recht schnell ihre Wirkung und Börni fühlte sich endlich besser. Dennoch blieben wir noch zwei Tage in Pokhara, bis er sich wieder fit genug fühlte für die lange Busfahrt zurück nach Kathmandu!
Samstag, 12. April 2014
Rund um das Annapurna-Massiv, Teil 6
Guten Abend liebe Leser,
Heute folgt der sechste - und letzte - Teil meines Berichts über unsere Annapurna-Umrundung. Bis Kokthetanti hatten wir es bei meinem letzten Eintrag schon geschafft.
Der nächste Morgen begrüßte uns, wie eigentlich immer im Himmalaya, mit schönstem Sonnenschein. Nachmittags konnte das Wetter noch so sehr einem Weltuntergang gleichen, wenn die Sonne aufging war davon nichts mehr zu bemerken.
Auch der Weg war an diesem Vormittag besonders schön. Hinter Kalopani führte er durch einen lichten Nadelwald, die Sonnenstrahlen zeichneten Muster auf den nadelbedeckten Boden. Auf einer Lichtung stießen wir plötzlich auf alte Bekannte, die wir seit den Anfangstagen unseres Treks nur noch oben am Himmel hatten kreisen sehen. Zwei Himalayan Griffons saßen auf einer Steinmauer, die Hälse nach Futter suchend gereckt. Erst jetzt wurde uns bewusst, wie groß diese Vögel wirklich sind! Vor uns kleinen Menschlein ließen sie sich kein bisschen beeindrucken, obwohl wir wirklich nur wenige Meter entfernt waren. Minutenlang standen wir da und beobachteten sie bei der Futtersuche.
Am Nachmittag sollte uns der Weg auf die andere Seite des Flusses führen, der mittlerweile wieder durch ein schmales, tiefes Tal rauschte. Doch welcher Weg war der richtige? Unten im Tal sahen wir, der Beschreibung aus unserem Guidebook entsprechend, eine Hängebrücke, doch die Markierung schien in eine andere Richtung zu weisen. Nach langem Hin und Her entschieden wir uns, zu der Hängebrücke hinabzusteigen. Was von oben nicht zu sehen war: wenige Hundert Meter weiter führte eine zweite Hängebrücke ebenfalls über den Fluss. Im Gegensatz zu der, vor der wir gerade standen, war diese nagelneu und komplett aus Stahl gebaut. Das Konstrukt, vor dem wir uns befanden, war dagegen schon etwas in die Jahre gekommen, schien aber immerhin von den Dorfbewohnern einigermaßen in Stand gehalten zu werden. Um über die neue Brücke gehen zu können, hätten wir allerdings erst einmal den Hügel wieder hinauf gemusst, den wir gerade heruntergestiegen waren. Also entschied ich mich, es mit der älteren Brücke zu versuchen. Schritt für Schritt suchte ich mir einen Weg über die alten Holzplanken. Die schlimmsten Stellen waren tatsächlich mit neuen Brettern abgedeckt worden, und so erreichte ich sicher das andere Ufer. Börni wagte sich auch an die Überquerung, und wenige Minuten später konnten wir unseren Weg fortsetzen.
Lange führte dieser einen steilen Abhang entlang, bevor schließlich, wieder einmal, ein scheinbar endloser Abstieg folgte. Ziemlich geschafft erreichten wir schließlich unser Tagesziel Dana.
Am nächsten Morgen legten wir zunächst das relativ kurze Wegstück nach Tatopani zurück. Der Ort ist bei den Annapurna-Trekkern bekannt für seine heißen Quellen, auf die wir uns auch schon freuten. Besonders einladend waren die Becken zwar nicht (schlichter Beton mit allerlei Rohren verziert), doch im warmen Wasser zu sitzen war herrlich. Nur eines trübte unsere Freude: der Zeh, der bereits nach der Passüberquerung angeschlagen gewesen war, war mittlerweile so sehr angeschwollen, dass ich kaum noch in meine Wanderschuhe passte. Zwar fehlten nur noch 27 Kilometer bis zu unserem eigentlichen Ziel, Nayapul, doch diese führten über den sogenannten Poon Hill, 2000 Höhenmeter hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter. Während wir noch überlegten, nahm uns der Zeh gewissermaßen die Entscheidung ab: man konnte beinahe zusehen, wie er immer weiter anschwoll und sich am Nagelbett eine fiese Blase bildete. Zu groß war das Risiko, irgendwann gar nicht mehr weitergehen zu können und auf dem Poon Hill festzusitzen. Schweren Herzens beendeten wir also unsere Wanderung mit einem ausgiebigen Mittagessen und stiegen dann wehmütig in einen Bus, der uns nach Beni bringen sollte.
Eine Entscheidung mit interessanten Folgen. Die "Straßen" in diesen entfernten Gebieten des Himmalayas sind nichts weiter als mühsam in den Fels gehauene Trassen, mit Schlaglöchern übersät und mit Felsbrocken dekoriert. Ich bewundere wirklich den Mut der Busfahrer, die sich mit ihren zwanzig Jahre alten Klapperkisten trauen, hier entlangzufahren! Während der gesamten Fahrt mussten wir uns am Vordersitz festkrallen, weil es uns immer wieder von den Sitzen hob und hin und her warf. Kam uns ein Auto oder gar ein LKW entgegen, musste unser Fahrer oft sogar rückwärts wieder den Hang hinauf bis zu einer der wenigen Stellen, an denen überhaupt zwei Fahrzeuge aneinander vorbeipassen. Doch mit einer Engelsgeduld und einer sicheren Hand schaffte unser Busfahrer die knapp dreißig Kilometer in zwei Stunden. Dennoch fuhren wir den Rest der Strecke nach Pokhara lieber mit dem Jeep! ;-)
Damit war unser Annapurna-Trek nach 15 Tagen und 185 Kilometern zu Ende. Ich kann nur wiederholen, was ich bereits in meiner kleinen Statistik geschrieben habe: wir würden es sofort wieder machen!
Freitag, 11. April 2014
Rund um das Annapurna-Massiv, Teil 5
Guten Morgen liebe Leser,
Der Tag nach unserer abenteuerlichen Passüberquerung hielt eine unangenehme Überraschung für uns bereit: den schlimmsten Muskelkater unseres Lebens ;-) Vor allem beim Treppensteigen streikte unsere Waden- und Oberschenkelmuskulatur. Außerdem hatte mein rechter großer Zeh die 1600 Höhenmeter bergab etwas übelgenommen und war von der ständigen Reibung angeschwollen und empfindlich.
Nachdem wir es zum Glück ja aber nicht besonders eilig hatten mit unserem Trek (im Gegensatz zu vielen anderen, die nur zwei Wochen oder noch weniger eingeplant hatten), gönnten wir uns einfach einen Tag Auszeit in der hübschen Kleinstadt Muktinath.
Muktinath ist nicht nur bei Trekkern aus aller Welt bekannt, die dortigen Tempel gehören für Hindus und Buddhisten zu den größten Heiligtümern überhaupt. Wie es der Zufall so wollte, fiel unsere Auszeit ausgerechnet auf einen hinduistischen Feiertag (leider konnte ich nicht herausfinden, welchen). Plötzlich bevölkerten nicht mehr nur Trekker die Stadt, sondern Hunderte, nein Tausende Pilger aus Nepal und Indien.
Der Tempel selbst gehört wohl zu den merkwürdigsten religiösen Einrichtungen, die wir je besucht haben. Mittelpunkt des Geschehens ist ein Sammelsurium aus Wasserbecken, umrahmt von 108 Wasserspeiern. Sich hier zu waschen, hat wohl dem hinduistischen Glauben nach eine reinigende Wirkung im religiösen Sinne, weshalb die Pilger an diesem Tag zu Hunderten ins Wasser sprangen. Für die buddhistischen Pilger spielt dagegen eine von Erdgas gespeiste Flamme in einem kleinen Tempelgebäude die Hauptrolle, welches wir jedoch nicht betreten durften. Doch es war spannend genug, die endlosen Schlangen zu beobachten, die in den Tempel drängten, um ihre Opfer darzubieten! Wirklich ein einzigartiger Ort, dieses Muktinath.
Am nächsten Tag fühlten wir uns dann ausgeruht genug, uns an den langen Abstieg zu machen, der noch vor uns lag (Muktinath liegt immerhin noch auf 3800 Metern!). Am Anfang wehrte sich die Beinmuskulatur zwar noch ein wenig gegen die Bewegung, aber nach und nach fanden wir wieder zurück in unseren gewohnten Wanderrhythmus. Gerade der Vormittag dieses Tages belohnte uns mit wunderschönen, wenn auch kargen Anblicken der nepalesischen Bergwelt. Vor Allem der steile Abstieg vor Eklebhatti, der in das Flusstal des Kali Gandaki hinabführt, war atemberaubend!
Ganz anders der Nachmittag. Der Weg führte nun quer durch das vollkommen flache und sehr breite Bett des Flusses. Eine Wüste aus Geröll und Staub, ein bisschen so, wie man sich die Mondoberfläche vorstellt! Anders als auf dem Mond wehte hier allerdings nachmittags ein kräftiger Wind, der den Staub aufwirbelte und uns ins Gesicht blies. Die Augen tränten, die Zähne knirschten, wirklich kein angenehmes Gefühl! Hinzu kam, dass ich mir, im Bemühen meinen Zeh zu schonen, eine fiese Blase gelaufen hatte und jeder Schritt schmerzte. Scheinbar endlos zog sich der Weg, bis wir endlich Jomsom erreichten und in einem Gasthaus Schutz vor dem beißenden Wind fanden.
Am nächsten Morgen hatte sich der Wind gelegt und wir konnten weitergehen. Nachdem wir nun endlich den Regenschatten der Achttausender verließen, wurde die Umgebung endlich (!) wieder grüner. Nach Tagen in der Einsamkeit des Hochgebirges freuten wir uns über den Anblick von Bäumen, Sträuchern und sogar Gras, die nun die Landschaft dominierten. Wir gelangten zu einem Ort namens Marpha, gewissermaßen die Bodenseeregion Nepals, eine Hochburg des Apfelanbaus. Bekannteste Spezialität: Apfelbrandy. Natürlich kauften wir ein Fläschchen für den Feierabend ;-)
Doch auch an diesem Tag meinte es das Wetter nicht so wirklich gut mit uns. Gegen Mittag zogen immer dunklere Wolken auf, und schon bald fing es an zu nieseln. Nachdem wir bislang so viel Glück mit dem Wetter gehabt hatten, mussten wir nun doch einmal unsere Regenjacken auspacken. Die Laune war ziemlich auf dem Tiefpunkt, bis wir auf die Idee kamen, uns mit ein bisschen Gesang aufzuheitern. Lauthals sangen wir alles, was uns in den Sinn kam: von "Ein Bett im Kornfeld" über Beatles-Klassiker und "Alles aus Liebe" bis hin zu "Ein Loch ist im Eimer". Ich will gar nicht wissen, was die Nepalesen an diesem Tag über uns gedacht haben ;-)
Abends in unserer Lodge im winzigen Kokthetanti war es dann auch dem Wetter entsprechend kalt. Da kam uns der Apfelbrandy gerade recht - ein ordentlicher Schluck aus der Flasche und schon breitet sich ein kleines Feuer im Magen aus, das besser wärmt als alle Paar Socken übereinander :-) Ich bin ja sonst wirklich kein Fan von Schnaps, aber hier kam er mir wirklich gerade recht. Auf diese Weise angeheitert, gingen wir schon um sieben Uhr ins Bett und schliefen friedlich bis zum nächsten Morgen!
To be continued :-)
Donnerstag, 10. April 2014
Rund um das Annapurna-Massiv, Teil 4
Rund um das Annapurna-Massiv, Teil 3
Guten Morgen allerseits,
der fünfte Tag unserer Wandertour hielt eine unangenehme Überraschung für mich bereit: ich hatte mich bei Börni angesteckt und durfte nun selbst mit triefender Nase und Husten kämpfen. Zum Glück war der Weg an diesem Vormittag aber eher unspektakulär, große Steigungen gab es erstmal keine. Nach einem kleinen Ort namens Batrang sollten wir einen gigantischen Steilhang überqueren, den wir schon von weitem bewundern konnten: kein Baum oder Busch wuchs in dieser Geröllwüste, die obere Hälfte war von Schnee bedeckt und ein eisiger Wind pfiff über den Weg. Ein deutlicher Beweis dafür, dass die Umgebung (wir hatten mittlerweile etwa 3000 Höhenmeter erreicht) immer lebensfeindlicher wurde!
Tapfer machten wir uns auf den Weg, der nun wieder steil bergauf führte. Nach einer halben Stunde dann eine unangenehme Entdeckung: wir hatten unsere Sonnenbrillen in Batrang vergessen, alle beide! Sonnenbrillen sind aber wichtig für die Passüberquerung, um Schneeblindheit zu vermeiden. Alles Ärgern und Fluchen half nichts, wir brauchten unsere Sonnenbrillen. Da ich an diesem Tag mit Erkältung und fiesen Blasen an den Fersen schon genug zu kämpfen hatte, war Börni so lieb, nach Batrang zurückzulaufen, während ich mit den Rucksäcken an Ort und Stelle auf ihn wartete. Es dauerte zum Glück nur eine gute halbe Stunde, dann war er - mit unseren Sonnenbrillen - wieder zurück!
Wir konnten also unseren Weg über den Hang fortsetzen. Irgendwann wurde der Weg wieder flacher, und die letzten Kilometer nach Lower Pisang waren nicht allzu anstrengend. In Lower Pisang kehrten wir im fast neuen Bajra Guesthouse ein. Wir waren in dieser Nacht die einzigen Gäste, dennoch wurde im Restaurant ein Feuer für uns angezündet, und wir konnten unsere klammen Finger und Zehen aufwärmen!
Am nächsten Morgen, dem sechsten auf unserer Reise, mussten wir gleich als erstes eine Entscheidung fällen: von Pisang aus führen zwei Wege zum Tagesziel Manang, eine "higher" und eine "lower" Route. Die low route gilt als deutlich weniger anstrengend, die high route lockt allerdings mit traumhaften Aussichten und dem Versprechen, gut für die Höhenanpassung zu sein, da man 600 Höhenmeter hinauf- und am Ende des Tages wieder hinabsteigt. Nachdem wir sehr gut geschlafen hatten, fühlten wir uns trotz Erkältung fit genug für diese Variante.
Zunächst führte der Weg durch ein kleines Wäldchen und an einem dunkelgrünen See entlang, auf diesem Stück hatte man glatt das Gefühl, die einzigen Menschen weit und breit zu sein, so still war es. Der Weg endete an einer der unzähligen Schweizer Hängebrücken.
Auf der anderen Seite ein Hügel, und ganz oben Ghyaru, unser nächstes Ziel. Weit war es nicht dorthin, doch man hatte uns gewarnt: dieser Aufstieg sei der anstrengendste auf dem ganzen Trek, 350 Höhenmeter seien zu überwinden.
Wir versuchten, in kleinen Schritten zu denken, beglückwünschten uns zu jeder Kurve, die wir zurückgelegt hatten, stoppten immer wieder für einen Schluck Wasser und den Blick zurück ins Tal. Über eine Stunde dauerte der Aufstieg, der uns gehörig außer Atem brachte, doch letzten Endes fanden wir ihn auch nicht schlimmer als die endlosen Treppen zwei Tage zuvor.
Die Aussicht entschädigte ohnehin für alles: von Ghyaru bis zum nächsten Ort Ngawal hat man einen fantastischen Blick auf einige der höchsten Berge der Welt! Manaslu, Annapurna II und Annapurna III hatten wir auf diesen Kilometern ständig im Blick. Ein berauschendes Gefühl!
Zu Schade, dass wir nach unserer Mittagspause in Ngawal einen Großteil der gewonnenen Höhe wieder hinabsteigen mussten. Kilometerlang ging es auf einem schmalen Pfad steil bergab, den Abgrund neben uns und den tief unter uns in der Sonne glänzenden Flughafen von Humde immer im Blick.
Nach dem Abstieg sollten wir, dem Guidebook zufolge, bald einen Ort namens Munji erreichen. Doch Fehlanzeige! Der Weg zog sich endlos dahin, hügelauf, hügelab. Dank der Erkältung fühlte ich mich jetzt gar nicht mehr so fit, ich wollte endlich ankommen. Aber so oft ich mir wünschte, hinter der nächsten Hügelkuppe käme endlich das Dorf, so oft wurde ich auch enttäuscht. Immer neue Hügel warteten auf mich. Schließlich kippte die Laune, und ich schwor mir selbst, keine Pause mehr zu machen, bis ich endlich dieses verdammte Dorf erreicht hatte! Mehr von der Wut als von der Wanderlust angetrieben stapfte ich weiter und weiter. Es dauerte bestimmt noch einmal weitere 45 Minuten, bis ich endlich - endlich! - die Dächer des Dorfes in der Ferne schimmern sah! Hinterher stellte sich heraus: ein Druckfehler im Reiseführer hatte aus sechs Kilometern drei gemacht ;-) Dafür war das letzte Stück nach Manang entsprechend kürzer, und gegen vier Uhr nachmittags erreichten wir endlich unser Ziel. Mit letzter Kraft organisierten wir uns ein Zimmer und fielen nur noch müde aufs Bett.To be continued ;-)