Samstag, 12. April 2014

Rund um das Annapurna-Massiv, Teil 6

Guten Abend liebe Leser,

Heute folgt der sechste - und letzte - Teil meines Berichts über unsere Annapurna-Umrundung. Bis Kokthetanti hatten wir es bei meinem letzten Eintrag schon geschafft.

Der nächste Morgen begrüßte uns, wie eigentlich immer im Himmalaya, mit schönstem Sonnenschein. Nachmittags konnte das Wetter noch so sehr einem Weltuntergang gleichen, wenn die Sonne aufging war davon nichts mehr zu bemerken.

Auch der Weg war an diesem Vormittag besonders schön. Hinter Kalopani führte er durch einen lichten Nadelwald, die Sonnenstrahlen zeichneten Muster auf den nadelbedeckten Boden. Auf einer Lichtung stießen wir plötzlich auf alte Bekannte, die wir seit den Anfangstagen unseres Treks nur noch oben am Himmel hatten kreisen sehen. Zwei Himalayan Griffons saßen auf einer Steinmauer, die Hälse nach Futter suchend gereckt. Erst jetzt wurde uns bewusst, wie groß diese Vögel wirklich sind! Vor uns kleinen Menschlein ließen sie sich kein bisschen beeindrucken, obwohl wir wirklich nur wenige Meter entfernt waren. Minutenlang standen wir da und beobachteten sie bei der Futtersuche.

Am Nachmittag sollte uns der Weg auf die andere Seite des Flusses führen, der mittlerweile wieder durch ein schmales, tiefes Tal rauschte. Doch welcher Weg war der richtige? Unten im Tal sahen wir, der Beschreibung aus unserem Guidebook entsprechend, eine Hängebrücke, doch die Markierung schien in eine andere Richtung zu weisen. Nach langem Hin und Her entschieden wir uns, zu der Hängebrücke hinabzusteigen. Was von oben nicht zu sehen war: wenige Hundert Meter weiter führte eine zweite Hängebrücke ebenfalls über den Fluss. Im Gegensatz zu der, vor der wir gerade standen, war diese nagelneu und komplett aus Stahl gebaut. Das Konstrukt, vor dem wir uns befanden, war dagegen schon etwas in die Jahre gekommen, schien aber immerhin von den Dorfbewohnern einigermaßen in Stand gehalten zu werden. Um über die neue Brücke gehen zu können, hätten wir allerdings erst einmal den Hügel wieder hinauf gemusst, den wir gerade heruntergestiegen waren. Also entschied ich mich, es mit der älteren Brücke zu versuchen. Schritt für Schritt suchte ich mir einen Weg über die alten Holzplanken. Die schlimmsten Stellen waren tatsächlich mit neuen Brettern abgedeckt worden, und so erreichte ich sicher das andere Ufer. Börni wagte sich auch an die Überquerung, und wenige Minuten später konnten wir unseren Weg fortsetzen.
Lange führte dieser einen steilen Abhang entlang, bevor schließlich, wieder einmal, ein scheinbar endloser Abstieg folgte. Ziemlich geschafft erreichten wir schließlich unser Tagesziel Dana.

Am nächsten Morgen legten wir zunächst das relativ kurze Wegstück nach Tatopani zurück. Der Ort ist bei den Annapurna-Trekkern bekannt für seine heißen Quellen, auf die wir uns auch schon freuten. Besonders einladend waren die Becken zwar nicht (schlichter Beton mit allerlei Rohren verziert), doch im warmen Wasser zu sitzen war herrlich. Nur eines trübte unsere Freude: der Zeh, der bereits nach der Passüberquerung angeschlagen gewesen war, war mittlerweile so sehr angeschwollen, dass ich kaum noch in meine Wanderschuhe passte. Zwar fehlten nur noch 27 Kilometer bis zu unserem eigentlichen Ziel, Nayapul, doch diese führten über den sogenannten Poon Hill, 2000 Höhenmeter hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter. Während wir noch überlegten, nahm uns der Zeh gewissermaßen die Entscheidung ab: man konnte beinahe zusehen, wie er immer weiter anschwoll und sich am Nagelbett eine fiese Blase bildete. Zu groß war das Risiko, irgendwann gar nicht mehr weitergehen zu können und auf dem Poon Hill festzusitzen. Schweren Herzens beendeten wir also unsere Wanderung mit einem ausgiebigen Mittagessen und stiegen dann wehmütig in einen Bus, der uns nach Beni bringen sollte.

Eine Entscheidung mit interessanten Folgen. Die "Straßen" in diesen entfernten Gebieten des Himmalayas sind nichts weiter als mühsam in den Fels gehauene Trassen, mit Schlaglöchern übersät und mit Felsbrocken dekoriert. Ich bewundere wirklich den Mut der Busfahrer, die sich mit ihren zwanzig Jahre alten Klapperkisten trauen, hier entlangzufahren! Während der gesamten Fahrt mussten wir uns am Vordersitz festkrallen, weil es uns immer wieder von den Sitzen hob und hin und her warf. Kam uns ein Auto oder gar ein LKW entgegen, musste unser Fahrer oft sogar rückwärts wieder den Hang hinauf bis zu einer der wenigen Stellen, an denen überhaupt zwei Fahrzeuge aneinander vorbeipassen. Doch mit einer Engelsgeduld und einer sicheren Hand schaffte unser Busfahrer die knapp dreißig Kilometer in zwei Stunden. Dennoch fuhren wir den Rest der Strecke nach Pokhara lieber mit dem Jeep! ;-)

Damit war unser Annapurna-Trek nach 15 Tagen und 185 Kilometern zu Ende. Ich kann nur wiederholen, was ich bereits in meiner kleinen Statistik geschrieben habe: wir würden es sofort wieder machen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen