Guten Morgen liebe Leser,
bitte verzeiht mir, dass ich so lange nichts habe von mir hören lassen. Doch Indien hat mir einfach die Sprache verschlagen! Seit bald einer Woche halten wir uns in diesem einzigartigen Land auf, doch mir fehlen einfach die Worte, meine Eindrücke treffend zu beschreiben. Trotzdem will ich es heute versuchen. :-)
Wir sind gerade in Varanasi, der heiligsten Stadt Indiens. Wer hier stirbt, so glauben die Hindus, wird vom ewigen Zyklus von Tod und Wiedergeburt erlöst. Ein ganz besonderer Ort also, selbst für indische Verhältnisse.
Unsere Ankunft hier erfolgte nach einer scheinbar endlosen Reise mit Bus, Jeep und Zug und einer schlaflosen Nacht in Gorakhpur, in einem Zimmer voller Kakerlaken. Umso schwerer viel es uns, die Eindrücke zu verarbeiten, die auf diesem Ort auf uns einprasselten. Die Altstadt von Varanasi ist ein Gewirr schmaler Gassen, durch die sich Pilger, Einheimische, Touristen und Tiere gleichermaßen drängen. Nicht nur die heiligen Kühe sind allgegenwärtig, auch Ziegen und Hunde bevölkern die Wege. Es gilt, Vorsicht walten zu lassen bei der Wahl der nächsten Schritte, die Hinterlassenschaften der tierischen Bewohner sind eine allgegenwärtige Gefahr für die Sauberkeit unserer Schuhe. Auch Mülleimer sucht man vergeblich, was man nicht mehr braucht, wirft man einfach auf den Boden. Die Fliegen freuen sich. Falls die Männer, die mit Schaufel und Karren nachts die Straßen säubern, jemals streiken sollten, versinkt diese Stadt binnen Tagen im Dreck!
Interessanter noch als der Anblick der Gassen ist jedoch die Geruchswelt, die uns unmittelbar nach unserer Ankunft umfängt. Noch nie habe ich so viele verschiedene Gerüche auf so engem Raum erlebt wie hier. Riecht es an einer Straßenecke noch so köstlich nach würzigem Masalatee, keine zehn Meter weiter wird dieser Duft vom strengen Geruch der Kuhfladen abgelöst. Hinter der nächsten Ecke duften die Blumen, die einen kleinen Tempel zieren. Nie weiß die Nase, worauf sie sich einstellen soll.
Und dieser Lärm! "Der Inder hat keine Ohren", hatte uns ein Bekannter in Nepal gewarnt. Muhende Kühe unterm Fenster, laute Bollywood-Musik um Mitternacht, dazu die unzähligen Schlepper, die uns zu Bootstouren, Hosenkäufen, Drogenexperimenten und was weiß ich noch allem überreden wollen.
Kurzum: Indien ist ein Land, dass uns vollkommen fordert, manchmal sogar überfordert. Doch wenn man sich erst einmal an den unglaublichen Trubel gewöhnt hat, beginnt man auch, die Schönheit dieses Landes zu sehen: die leuchtend bunten Saris und Punjabis der indischen Frauen, die fröhlich grüßenden Kinder, die Spiritualität, die hier im Alltag einen ganz anderen Stellenwert einnimmt als bei uns. Man sagt, Indien könne man nur lieben oder hassen. Ich glaube, ich bin verliebt.
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